Abstract
Im Rahmen psychiatrischer Behandlungen ergeben sich immer wieder
Situationen, in denen ärztliche Interventionen zwar dringend erforderlich sind,
die Patientinnen und Patienten aber krankheitsbedingt nicht aufgeklärt in die
Behandlung einwilligen können oder sie sogar ablehnen. In dem Beitrag soll
erstens gezeigt werden, dass es sich bei derartigen Situationen tatsächlich um
moralische Dilemmata handelt. Das liegt daran, dass das medizinethische Prinzip,
Behandlungen nur nach aufgeklärter Einwilligung durchzuführen, nicht
nur auf dem Recht auf Selbstbestimmung beruht, sondern auch auf dem Recht
auf Integrität des Körpers und der Intimsphäre sowie dem Recht, keinem Zwang
ausgesetzt zu werden. Alle drei Rechte sind wiederum eng mit dem Schutz der
Würde der Patienten verbunden. Zweitens soll gezeigt werden, dass der Abschluss
von Behandlungsvereinbarungen einen ethisch attraktiven Ausweg aus
derartigen Dilemmata bieten kann, weil Behandlungsvereinbarungen eine Unterform
sogenannter Odysseus-Verträge sind, die dazu geeignet sind, auch im
Rahmen von Zwangsmaßnahmen die Würde der Patientinnen und Patienten zu
wahren.