Abstract
Der Vergleich zwischen einem naturwissenschaftlichen und einem moralwissenschaftlichen Experiment ergibt folgende Resultate. Die moralische Sphäre ist eine Wirklichkeit sui generis. Die zu ihr korrelative Welt ist die Mitwelt. Deren Elemente sind Personen. Sie kommunizieren nicht bloß sprachlich, sondern auch leiblich miteinander und schaffen dadurch Atmosphären, speziell auch moralisch gesättigte. In der Mitwelt ist die Position ihrer Mitglieder austauschbar. Das macht Moralität aus. Statt analytischer Erklärungsketten ist für das Erkennen und Beurteilen moralischer Verhältnisse eine Synthesis von Wahrnehmung und Deutung erforderlich, die überdies die Möglichkeit einer moralischen Wertung eröffnet. Im Unterschied zum theoretischen muss das praktische Schließen an den Deutungen des Ausgangserlebens ansetzen. Differierende Deutungen müssen daraufhin geprüft werden, welche von ihnen die Anschauung der ,gestalteten Ganzheit‘ einer wahrgenommenen Situation ohne falsche Abstraktionen und Reduktionen angemessen wiedergibt, d.h. umfassender und reifer ist. Kriterien dafür sind die Entwickeltheit und Stabilität des Standpunkts, die Differenziertheit und Selbstreflexivität der Beschreibung