Abstract
Seit einem halben Jahrhundert prüfen die Logiker der Sozialwissenschaften die Kausalerklärung auf ihre Anwendbarkeit und auf ihre Tragweite im Bereiche der sogenannten Geisteswissenschaften. Die vorliegende Untersuchung gehört diesem Problemkreis an. Die darin formulierten Argumente unterstützen die These, daß im Strukturalismus eine Möglichkeit zur Ablösung der Kausalanalyse zu sehen ist, und zwar unter der Bedingung, daß der Strukturalismus in der Lage ist, ein Erklärungsschema abzugeben, das den Forderungen der "DN-Erklärung" von Hempel genügt. Im ersten Teil werden die verschiedenen Gründe der Verteidiger und die zahlreichen Einwände der Gegner der Kausalerklärung kurz zusammengefaßt, in der Absicht, darzulegen, weshalb der Gebrauch des Ursache-Begriffs zum Problem geworden, ja selbst in Mißgunst gefallen ist. Der zweite Teil stellt einen beispielhaften Fall von Strukturanalyse dar. Es geht bei dieser Darstellung um eine Neuformulierung des Entwurfs von Lévi-Strauss zu einer allgemeinen Theorie der Verwandtschaftssysteme und damit zur Strukturforschung über jegliche soziale Phänomene. Im dritten Teil wird danna das Strukturschema von Lévi-Strauss in Bezug auf die Hempelschen Erklärungskriterien überprüft, um festzulegen, ob dabei eine den theoretischen Problemen und festgestellten Fakten adäquate Erklärung herauskommt, und ob die Strukturanalyse in die "Tiefe" der Wirklichkeit vordringt, wo Kausalerklärung nicht mehr angebracht ist