Abstract
Versuche zur Geschlechtswahl bei der Befruchtung führten in jüngerer Zeit zu anwendbaren, wenngleich noch eingeschränkt erfolgssicheren Techniken. Deren ethische und rechtliche Bewertungen stehen im Mittelpunkt dieser Abhandlung. In Gesellschaften und Kulturen mit traditioneller Bevorzugung männlicher Nachkommenschaft gibt es einerseits ein starkes Interesse für die Geschlechtswahl, andererseits wird in einigen westlichen Ländern der vorgeburtlichen Geschlechtswahl sehr geringe praktische Bedeutung beigemessen. Dabei unterscheidet sich die Verfügbarkeit der entsprechenden reproduktionsmedizinischen Verfahren von freier Zugänglichkeit zu allen Methoden (Präimplantationsdiagnostik, Spermatozoentrennung usw.) des Fortpflanzungsmedizinmarkts (USA) bis hin zu strenger Reglementierung (Deutschland). Es wird anhand der wissenschaftlichen Literatur der Frage nachgegangen, welche für die Begründung rechtlicher Regelung beachtlichen sozialen oder gesundheitlichen Gefährdungen durch präkonzeptionelle Geschlechtswahl verursacht werden könnten, und welche Gründe es andererseits für die Zulässigkeit sozial motivierter präkonzeptioneller Geschlechtswahl gibt