Motieven in Thomas morus' utopia

Tijdschrift Voor Filosofie 27 (3):419 - 475 (1965)
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Abstract

Von fast allen philosophischen Geistesschöpfungen, so auch von Thomas Morus' Utopia gilt, dass sie das Ergebnis eines Denkprozesses sind, in dem Materiale ganz verschiedener Herkunft zu einem Ganzen zusammengeschmolzen werden. Einer genaueren Analyse gelingt es aber meistens doch, die Komponenten und ihre gegenseitige Beeinflussung sichtbar zu machen. In diesem Sinne steckt auch hinter der Fassade der fertig vor uns liegenden Morusschen Schrift über die beste Staatsverfassung eine Mehrzahl von Motiven und bewegenden Kräften, von denen unter vielen anderen bestimmenden Faktoren besonders zwei in entgegengesetzter Richtung zielende Grundlinien herausgehoben zu werden verdienen. - Damit werden denn alle Deutungsversuche, die einen unzweideutigen Sinn und eine ungebrochene Konsequenz in der Utopia finden wollen, hinfällig. - Der eine Komplex zeigt Morus in Übereinstimmung mit den führenden liberalhumanistischen Tendenzen seines Zeitalters : wir finden hier bekannte Ideen wie Individualismus, Anspruch auf Freiheit, Ruf nach Humanität als der wichtigsten Tugend in Utopien, naturrechtliche Qualitäten des Menschen (seiner Staatsangehörigkeit vorausgehend), Vernunftbestimmtheit des Menschen usw. Die Wissenschaft (im humanistischen, nicht im modern-naturwissenschaftlichen Sinn, rein betrachtend also) wird hier als die höchste menschliche Lebenserfüllung hingestellt, sie bildet den Lebenssinn der Utopier. Höchster Wert im Menschenleben ist die animi libertas cultusque, die Freiheit und Pflege des Geistes. Dies ist die innere Sphäre des Morusschen Denkens, hier liegen die eigentlichen und letzten Werte. Demgegenüber steht nun der Komplex der „sozialistischen” Staats Verfassung Utopiens. Die Motivation liegt hier wohl in Morus' sozialem Mitgefühl mit seinen ausgebeuteten Zeitgenossen aus den untersten Schichten der Bevölkerung. Mehrmals wiederholt sich die Beschreibung ihres ungeheuren Elends, ständig begleitet von der Anklage gegen den Staat und die Gesellschaft, die sich eine solche Behandlung „des weitaus grössten und weitaus besten Teils der Menschheit” zuschulden kommen lassen, weiter gen die führenden Schichten besonders des Adels und der verweltlichten Geistlichkeit und gegen die Art und Weise, wie sie Politik treiben, Recht sprechen usw. Zu dem Zweck nun, diese unnatürliche und auf der ganz falschen Grundlage der zufälligen Wertung der menschlichen Person nach dem ganz äusserlichen Kriterium des materiellen Besitzes stehende Ungleichheit der Menschen und damit alles gesellschaftliche Elend aus der Welt zu schaffen, wird das ganze Gerüst des utopischen Staates konstruiert. Utopien enthält nichts als nur rational-sinnvolle Einrichtungen zum Zweck der Ausschaltung der Abhängigkeit der Menschen von den äusseren wirtschaftlichen Umständen. Dazu dient nun ein sachlich zusammengehören der Komplex von Massnahmen : vor allem die Ausbannung allen und jeden Privateigentums, sodann das Fehlen von jeglichem Luxus, die Abwesenheit des Geldes, die allgemeine Arbeitspflicht mit dazu gehörender Zusieht auf deren Befolgung, die Bevölkerungspolitik, die Reisebeschränkungen, die Staatsfürsorge für die Bevölkerung mittels grosser Reserven in Staatsspeichern, u.ä,-kurz, die ganze bekannte Schilderung der utopischen Gesellschaft. Dieser sozialistische Staat ist kein Selbstzweck : sein Zweck ist negativ in dem Sinne, dass Morus mit dem ganzen Komplex der utopischen Einrichtungen (wir nennen das die äussere Sphäre des Morusschen Denkens) nur die Beiseiteschaffung des gesellschaftlichen Übels im Auge hat. Damit wird Raum geschaffen für die eigentlichen Anliegen und Aufgaben des Menschseins : die animi libertas cultusque, für die Angelegenheiten der inneren Sphäre also. Die Einrichtungen und Massnahmen der äusseren Sphäre haben ihre Pflicht getan, sogleich aber auch ihre Grenzen erreicht, sobald für alle Bürger Utopiens die Möglichkeiten der inneren Sphäre gewährleistet sind. Die Werte der inneren Sphäre bilden eine fortwährende Beschränkung des Prinzips der Sozialisierung und drängen diese letztere zu dem unumgänglichen minimum zurück, sodass nur in diesem beschränkten Sinne die Utopia den Plan zu einem sozialistischen Staat abgibt. Andererseits ist es unvermeidlich, den Menschen ein Stück ihrer Freiheit, Autarkie usw. zu nehmen, um so allen (nicht nur einigen, wie in der zeitgenössischen Gesellschaft) Aussicht auf die Erfüllung der letzten menschlichen Aufgaben auf geistigem Gebiet zu garantieren. Diese Freiheit wird ihnen aber auf den für Morus untergeordneten Gebieten des Staates, der Gesellschaft und des wirtschaftlichen Lebens genommen (Verbot des Privateigentums, Reisebeschränkungen, Arbeitspflicht usw.), um ihnen auf der über Staat, Wirtschaft und Gesellschaft hinaus liegenden Ebene des Geistes Gelegenheit zur vollständigen Entfaltung ihrer Anlagen zu geben. Hier findet man auch die eigentliche Elite Utopiens (die Berufswissenschaftler), die mit der Befreiung von der Arbeitspflicht eigentlich (aber nur in sehr beschränktem Masse) den Bau Utopiens durchbricht, was für die tiefsten Interessen des Thomas Morus charakteristisch ist : er reserviert nur das Gebiet des Geistes, das ihm so sehr zu Herzen geht, für Freiheit und folglich Ungleichheit

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