Goethes größte wissenschaftliche Entdeckung. Über eine verblüffende Symmetrie bei den Spektralfarben

In Magnus Schlette, Thomas Fuchs & Anna Maria Kirchner (eds.), Anthropologie der Wahrnehmung. Universitatsverlag Winter. pp. 269-317 (2017)
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Abstract

Goethes Protest gegen Newtons Theorie des Lichts und der Farben ist besser, als man gemeinhin denkt. Man kann diesem Protest in den wichtigsten Elementen folgen, ohne Newton in der physikalischen Sache unrecht zu geben. Laut meiner Interpretation hat Goethe in Newtons wissenschaftsphilosophischer Selbsteinschätzung eine entscheidende Schwäche aufgedeckt: Newton glaubte, mithilfe prismatischer Experimente beweisen zu können, dass das Licht der Sonne aus Lichtstrahlen verschiedener Farben zusammengesetzt sei. Goethe zeigt, dass dieser Übergang vom Beobachtbaren zur Theorie problematischer ist, als Newton wahrhaben wollte. Wenn Goethe darauf beharrt, dass uns der Übergang zur Theorie nicht von den Phänomenen aufgezwungen wird, dann kommt dadurch unser eigener, freier und kreativer Beitrag zur Theorie-Bildung ans Tageslicht. Und diese Einsicht Goethes gewinnt eine überraschende Schärfe, weil Goethe plausibel machen kann, dass sich alle entscheidenden prismatischen Experimente Newtons aus der geometrischen Optik ebenso gut mit einer alternativen Theorie vereinbaren lassen. Wenn ich recht sehe, war Goethe der erste Wissenschaftsphilosoph, der mindestens eine empirisch äquivalente Alternative zu einer wohletablierten physikalischen Theorie gesehen und daraus weitreichende wissenschaftstheoretische Schlüsse gezogen hat: Damit war Goethe seiner Zeit um ein gutes Jahrhundert voraus.

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A Brief History of Polarity in Physics.Olaf L. Müller - 2020 - In Wilhelm Lindemann & Theo Smeets (eds.), Thinking Jewellery // Two. Stuttgart, Deutschland: pp. 41-71.

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