Die Magdalenenflut 1342 am Schnittpunkt von Umwelt- und Infrastrukturgeschichte: Ein compound event als Taktgeber für mittelalterliche Infrastrukturentwicklung und Daseinsvorsorge

NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 27 (3):273-309 (2019)
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Abstract

ZusammenfassungIm vorliegenden Artikel wird das von historischer Seite wenig erforschte Ereignis der Magdalenenflut von 1342 unter Einbeziehung administrativer Überlieferung, vor allem aus Urkunden und Rechnungsbüchern, und durch Heranziehung naturwissenschaftlicher Proxydaten, insbesondere aus Baumring-Niederschlagsrekonstruktionen, neu ausgeleuchtet. So gelingt es nicht nur, einen wesentlich differenzierteren Verlauf einer insgesamt zweijährigen Hochwasserkatastrophe mit peaks im Februar und Juli 1342, aber auch im Juli 1343 zu gewinnen, sondern auch mehrmonatige Trockenphasen im März bis Juni 1342 erstmals zu fassen, die den (auch in Schriftquellen nachgewiesenen) Erosionseffekt der Starkregenfälle im Juli 1342 besser erklären als bislang. Dabei wird klar, dass 1342/43 ein multifaktorieller compound event vorliegt, der erst durch die Koinzidenz natürlicher Extremereignisse mit sozio-ökonomischen Faktoren zur Katastrophe führt. Die bewusste Ausweitung des Quellenspektrums lässt beispielsweise erstmals eine überregionale Teuerung bei Lebensmitteln im Nachklang der Flutereignisse feststellen, die aber wesentlich im zufälligen Auftreten des Hochwassers noch vor der Getreideernte begründet liegt. Der Fokus des Beitrags liegt auf infrastrukturellen Anpassungsmaßnahmen, etwa veränderten Brückendesigns (am Bsp. der Balduinbrücke in Koblenz) und großer Wasserbaumaßnahmen (am Beispiel des Donaudurchstichs von Oberalteich), oder normativen Reaktionen wie den Würzburger Polizeisätzen 1342/43 und der Errichtung von Deichbaugemeinschaften am Niederrhein, die zumindest als indirekte Reaktionen auf die Hochwasserereignisse verstanden werden müssen. Diese technisch-normativen Adaptionsvorgänge können einerseits im Luhmann’schen Sinn als Umweltbeobachtungen zweiter Ordnung verstanden werden, andererseits erläutern sie die Bedeutung von natürlichen Extremereignissen als Taktgeber für vormoderne Infrastrukturentwicklung aufgrund ihrer als kritisch erlebten, ungenügenden Ausgestaltung oder gar ihres völligen Fehlens. Nordalpin sehen wir nach 1342/43 im Bereich des Hochwasserschutzes zaghafte Anfänge obrigkeitlicher Daseinsvorsorge jenseits lokaler Zuständigkeiten.

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