Abstract
„Früh entdecken, effizienter therapieren!“ — Die innereLogik des Früherkennungskonzeptes ist äußerst öffentlichkeitswirksam und wird von den unterschiedlichsten medizinischen und gesellschaftlichen Institutionen unterstützt. In dieser Arbeit werden die vorrangig medizin-ethischen und wissenschaftstheoretischen Bedingungen untersucht, die erfüllt sein müssten, damit sich die Theorie einer Krebsfrüherkennung zum Wohl des Patienten umsetzen lässt: Wer ist kompetent, den jeweils stochastisch zu interpretierenden Nutzen und Schaden adäquat gegeneinander abzuwägen? Was sind angemessene Evaluationsparameter? Gibt es Grenzen der Informationsvermittlung in einer partnerschaftlichen Arzt-Patienten-Beziehung? Vor dem Hintergrund der früherkennungsspezifischen Relativität von medizinischem Wissen und der unklaren Nutzenbestimmung stellt sich die Frage, wie verantwortungsvolles ärztliches Handeln aussehen kann. Der alleinige Hinweis auf die ärztliche Pflicht zur Aufklärung und Stärkung der Eigenverantwortung von Patienten verliert sich dabei zum Teil in paradoxen Scheinlösungen. Durch die genannten Probleme in der Krebsfrüherkennung wird deutlich, dass die Bedingungen für die Möglichkeit von patientenorientierter Informationsvermittlung nur schwer erfüllbar sind