Da gegenwärtig kein allgemeinverbindlicher Begriff des ‚Neukantianismus‘ oder gar der ‚Transzendentalphilosophie‘ zur Verfügung steht und somit unter heutigen Bedingungen nicht aufs Geratewohl eine Geschichte der transzendentalsystematischen Bemühungen des 20. Jahrhunderts verfaßt werden kann, lag es nahe, sich diesem Thema anhand einer Analyse der Diskussionen zu nähern, in denen sich die sogenannte Selbstauflösung des Neukantianismus dokumentiert. Im Zuge dieser Annäherung war insbesondere an Siegfried Marcks zweibändiges Werk über DIE DIALEKTIK IN DER PHILOSOPHIE DER GEGENWART (Tübingen 1929/31) anzuknüpfen, das die transzendentalphilosophische Diskussion (...) der 20er Jahre unter dem Aspekt einer „kritischen Dialektik“ zusammenfaßt; einer kritischen Dialektik, die sich aufgrund der Ablehnung der neukantianischen „Konstruktion eines idealen Subjekts“ und der darum nunmehr verstärkten Einsicht in die „Spannung zwischen dem existierenden Subjekte und dem Geltungsbereich“ ausgeformt habe und als das verbindende Motiv in „Jonas Cohns Theorie der Dialektik, R. Höngswalds Denkpsychologie, Br. Bauchs Ideenlehre, P. Natorps Lehre vom Grenzdenken, N. Hartmanns Aporetik, E. Cassirers philosophische[r] ‚Anthropologie‘, Max Adlers neukantische[m] Marxismus“ anzusehen sei (S. Marck [1929], S. III). Wie allein schon der Hinweis auf „N[icolai] Hartmanns Aporetik“ zeigt, geht diese,Hegel-Renaissance in der deutschen Philosophie‘ (H. Levy) auch Hand in Hand mit einer Ontologisierung der Transzendentalphilosophie. Dieser Transzendentalontologie, die sich - teils in dialektischem Einverständnis mit und teils in antidialektischem Gegensatz zur ‚Hegel-Renaissance‘ - mit einer nach den unterschiedlichsten Richtungen hin wirksamen ‚Leibniz-Renaissance‘ verband, war im Titel der vorliegenden Untersuchung um so mehr Rechnung zu tragen, als das ontologische Motiv (vorallem unter dem Eindruck der Hartmannschen Neo-Ontologie und der Heideggerschen Existentialontologie) in den transzendentalsystematischen Arbeiten der Nachkriegszeit eindeutig in den Vordergrund tritt. Der Titel KRITISCHE DIALEKTIK UND TRANSZENDENTALONTOLOGIE steckt daher sowohl den inhaltlichen wie auch den zeitlichen Rahmen der Untersuchung ab: ihr Thema sind die post-neukantianischen Systembildungen, die in Auseinandersetzung mit den dominierenden Philosophemen der Zwischen- und Nachkriegszeit (der Neo-Ontologie und der Lebens- und Existenzphilosophie) am transzendentalen Ansatz und Systemanspruch festhielten, indem sie den überzeitlichen Geltungsanspruch der Idee und die innerzeitliche Existenz ‚dialektisch‘ oder ‚monadologisch‘ zu vermitteln suchten. Nachdem aus transzendentalsystematischer Sicht das Ringen um eben diese Vermittlungsproblematik ohnehin die gesamte abendländische Philosophiegeschichte ‚seit Parmenides und Platon‘ beherrscht, sagt diese Eingrenzung der Thematik allerdings mehr über das Selbstverständnis der Systemdenker aus, als sie zu deren philosophiegeschichtlicher Positionierung beiträgt. Man kommt daher dem Eigentümlichen der post-neukantianischen Systembildungen näher, wenn man – ihre Differenz zum Neukantianismus hervorhebend – betont, daß sie sich aufgrund der Ablehnung der neukantianischen „Konstruktion eines idealen Subjekts“ (S. Marck) dem Problem der ‚Konkretisierung der Transzendentalität‘ (Erich Heintel) oder einer ‚Philosophie der konkreten Subjektivität‘ (Hans Wagner) stellen. Da man die Phänomenologie Husserls und die Philosophische Anthropologie in gleicher Weise charakterisieren kann, muß diese Problemstellung in unserem Zusammenhang freilich nicht so sehr als Verabschiedung, sondern als Weiterführung neukantianischer Traditionen verstanden werden; da der Versuch einer Rekonstruktion der neukantianischen Theoriestränge, die sich gegenüber den lebensphilosophischen, ontologischen und positivistischen Zersetzungen des kritizistischen Ansatzes resistent erwiesen, zur Revision einiger gängiger Vorurteile bezüglich des Neukantianismus zwingt, wird im Zuge der einleitenden Analyse der sogenannten Selbstauflösung des Neukantianismus aber auch der Begriff ‚Neukantianismus‘ selbst in grundsätzlicher Weise zu bestimmen sein. Diese Begriffsbestimmung liefert das gesuchte Kriterium für die systematische Eingrenzung der Thematik und somit für die Auswahl der Repräsentanten der Kritischen Dialektik und Transzendentalontologie, deren philosophische Bemühungen in der Folge dokumentiert sind. Durchaus in Verbindung und Übereinstimmung mit diesen systematischen Erwägungen war für die nähere Auseinandersetzung mit Richard Hönigswald und Wolfgang Cramer, Bruno Bauch und Hans Wagner, sowie mit Robert Reininger und Erich Heintel, nicht zuletzt der Umstand maßgeblich, daß ihre Arbeiten eine für die Philosophie des 20. Jahrhunderts bemerkenswerte Kontinuität transzendentalphilosophischer Ansätze demonstrieren und dennoch keineswegs die Beachtung gefunden haben, die sie im Interesse einer lebendigen Aneignung und kritischen Weiterführung der Transzendentalphilosophie verdienen. Die vorliegende Arbeit versucht vorallem diese Kontinuität transzendentalphilosophischer bzw. neukantianischer Ansätze herauszustellen und die aus der individuellen Problemsicht der genannten Autoren resultierende produktive Weiterbildung dieser Ansätze zu dokumentieren, indem sie jeweils monographisch die einzelnen Denkwege verfolgt. (shrink)

In lieu of an abstract, here is a brief excerpt of the content:Nietzsche in the Light of his Suppressed Manuscripts WALTER KAUFMANN SINCE THE EIGHTEEN-NINETIES there has been considerable discussion about the adequacy of the editing of Nietzsche's late works, and occasionally bitter polemics about suppressed material have appeared in German newspapers and periodicals as well as in a few books. In the mid-fifties the controversy was revived in the wake of a new three-volume edition of Nietzsche's works, edited by (...) Karl Schlechta, ~ but the acrimonious debate was not very illuminating, and the sensational claims that traveled across the ocean were largely misleading. More and more often it was asked how reliable our printed texts are; also, what new revelations may be expected from unpublished manuscripts. I shall try to answer both questions. The discussion will revolve largely around a recent German work by Erich F. Podach 2 who makes sensational claims about The Antichrist and, above all, Ecce Homo, and who wants to supersede all previous editions of these works, including Schlechta's. 3 II Erich Podach holds a unique place in the Nietzsche literature: nobody else has contributed five genuinely important books. Yet Podach is not a philosopher, and he has never shown any profound understanding of Nietzsche 's thought. The point is that all of his books make use of unpublished documents. His study of Nietzsches Zusammenbruch (1930) was translated i Werke in drei Biinden (Munich: Carl Hanser Verlag, 1954-1956), 1282, 1276, and 1476 pp..2Friedrich Nietzsches Werke des Zusammenbruehs (Heidelberg: Wolfgang Rothe Verlag, 1961), 432 pp. and 24 plates with 29 facsimiles of MS pages. 3My article was completed before two reviews of Podach's book appeared in The Philosophical Review, April 1964, pp. 282-285, and in The Journal ot Philosophy, April 23, 1964, pp. 286-288. Both reviews are by Henry Walter Brann; both accept uncritically Podach's editing and Podach's claims; and both add original errors. Brann says that Podach tells "the amazing story of the most brazen literary fraud committed in recent times," and he quotes Podach as saying that "Nietzsche is the most brazenly falsified figure of recent literary and cultural history with regard both to his life and to his works." (The last sentence is rendered into smoother English in The Philosophical Review, and the two reviews arc altogether slightly different.) I shall try to show how Podach and Brann themselves have contributed to this "amazing story" by trying to convince us that one of Nietzsche's best hooks was not written by him. [2051 206 HISTORY OF PHILOSOPHY into English in 1931. Gestalten um Nietzsche (1932) 4 is his most interesting book and deserves to be translated: it offers chapters on Nietzsche's mother, Rohde, Gast, Bernhard and Elisabeth F6rster (Nietzsche's sister and her husband), and Julius Langbehn. In 1937 Podach published Der kranke Nietzsche : Briefe seiner Mutter an Franz Overbeck, and after that Friedrich Nietzsche und Lou Salom& All of these volumes are important for the biography of Nietzsche. The fifth book aims to offer philologically reliable texts of Nietzsches Werke des Zusammenbruchs, i.e., Nietzsche contra Wagner, Der Antichrist, Ecce Homo, and Dionysos-Dithyramben. All of these were first published after Nietzsche had become insane (in January, 1889), and while no philosophically important changes were made, the early editors were not greatly concerned about philological exactitude. Nietzsche contra Wagner, for example, as published first in 1895 and reprinted many times since, differs quite strikingly from the final version of which Nietzsche himself was reading proofs in January, 1889, when he collapsed. Yet a very few copies of the original version were actually printed in 1889. This version contained a third chapter, "Intermezzo," deleted in 1895 and ever since, and this, a page and a half long, ended with the poem variously called, in later collections of Nietzsche's verse, "Venice" or "Gondola Song." The reason for this omission was not at all sinister. Nietzsche was working on several books late in 1888. Initially, this section formed part of Ecce Homo; then he inserted it in Nietzsche contra Wagner; then he wrote his publisher that after all he preferred to move it back into Ecce Homo; but when soon thereafter he received proofs of... (shrink)

A family heirloom. An endangered species. An ancient piece of pottery. A threatened language. These things differ in myriad ways, but they are tied together by a common thread: they are all examples of things that call out to be saved. The world is brimming with things worth saving, and we have limited time and resources. How do we decide what to save? Why do we make these choices? -/- Philosopher Erich Hatala Matthes explores these questions as they surface (...) in radically diverse contexts--from museums to TikTok, and from National Parks to the corner of your attic. Matthes illustrates the deep relationship between the things we might save and our sense of self. If our cares and concerns are a fundamental part of our identity, then what we care for and preserve will play a significant role in shaping and maintaining our understanding of who we are. In a world in which everything that we care about is subject to powerful forces of change--from climate disturbance and armed conflict, to social transformation and the wear and tear of time--the terms on which we confront change will be key to whether and how we can save the things we care about in the ways that really matter to us. Will change be foisted upon us? Or is there a role for us to play in rejecting, influencing, or managing change? As he explores these questions, Matthes tackles related themes such as authenticity, agency, and appropriation: Who exactly should be responsible for saving things, and on whose behalf should such efforts be pursued? These are all essential elements to a fuller understanding of what to save and why. (shrink)

The first of Erich Neumann's works to be translated into English, this eloquent book draws on a full range of world mythology to show that individual consciousness undergoes the same archetypal stages of development as has human consciousness as a whole. Neumann, one of Jung's most creative students and a renowned practitioner of analytical psychology in his own right, shows how the stages begin and end with the symbol of the Uroboros, or tail-eating serpent. The intermediate stages are projected (...) in the universal myths of the World Creation, Great Mother, Separation of the World Parents, Birth of the Hero, Slaying of the Dragon, Rescue of the Captive, and Transformation and Deification of the Hero. Throughout the sequence the Hero is the evolving ego consciousness. (shrink)

Explores the acquisition and use of knowledge for human purposes and the extent of our ability to shape the future through the design, regulation, and restructuring of the lives of human systems at all levels.

Guarded fragments of first-order logic were recently introduced by Andreka, van Benthem and Nemeti; they consist of relational first-order formulae whose quantifiers are appropriately relativized by atoms. These fragments are interesting because they extend in a natural way many propositional modal logics, because they have useful model-theoretic properties and especially because they are decidable classes that avoid the usual syntactic restrictions (on the arity of relation symbols, the quantifier pattern or the number of variables) of almost all other known decidable (...) fragments of first-order logic. Here, we investigate the computational complexity of these fragments. We prove that the satisfiability problems for the guarded fragment (GF) and the loosely guarded fragment (LGF) of first-order logic are complete for deterministic double exponential time. For the subfragments that have only a bounded number of variables or only relation symbols of bounded arity, satisfiability is EXPTIME-complete. We further establish a tree model property for both the guarded fragment and the loosely guarded fragment, and give a proof of the finite model property of the guarded fragment. It is also shown that some natural, modest extensions of the guarded fragments are undecidable. (shrink)